Interessante Veranstaltung mit dem ehemaligen Partei- und Staatschef Egon Krenz in Güstrow
An der ehrlichen und wahrheitsgemäßen Aufarbeitung der DDR-Geschichte scheint bei der gegenwärtigen politischen Führung der Bundesrepublik und den meisten ihrer konservativen Medien offensichtlich keinerlei Interesse zu bestehen. Diesen Eindruck konnte man sicher schon häufig gewinnen.
Erneut wiederum, als über eine Podiumsdiskussion der "RotFuchs" - Regionalgruppe Güstrow zu dem Thema "Das Erbe der DDR" mit Egon Krenz, ehemaliger SED-ZK-Generalsekretär und nach der Ablösung Erich Honeckers am 18.Oktober 1989 letzter Staatschef bzw. Staatsratsvorsitzender der DDR, am 19.Februar 2009 im Güstrower Bürgerhaus am Sonnenplatz berichtet wurde.
Bei der völlig entstellenden und absurden Berichterstattung schießt, wie im Internet zu erfahren ist, vor allem ein Hamburger Wochenmagazin eines führendes Medienkonzerns mit milliardenschweren Anteilseignern, das immerhin wöchentlich montags mit einer sehr beachtlichen Auflage von über einer Million Exemplaren erscheint, den Vogel ab, das, wie könnte es auch anders sein, ungestraft gleich zu Beginn den vor lauter Lügen nahezu von A bis Z berstenden Beitrag sogar mit "Märchenstunde mit Egon" titelte bzw. überschrieb, um sich dann schließlich noch zu steigern, indem der ehemals führende Staatsmann gar als ein Depp dargestellt wird.
Bevor die Kalten Krieger bei den Medien Andersdenkende in diesem Land als Ewiggestrige diffamieren, sollten sie sich lieber einmal selbst einen Spiegel vor ihr Gesicht und innere Einkehr halten. Doch der leider auf die öffentliche Meinungsbildung sehr einflußreichen Armada von Desinformanten an der Mündung der Elbe und an anderen Orten in der Bundesrepublik zum Trotz wird dieses miese Spiel offenbar von immer mehr Menschen sowohl im Westen als auch im Osten unseres Landes zum Glück durchschaut. Deshalb sollten die Strippenzieher in den Chefetagen und Hinterzimmern der bundesdeutschen Medienpolitik sich nicht zu sicher sein und den Bogen nicht zu weit überspannen, da der Krug bekanntlich nur so lange zu Wasser geht, bis er bricht.
So waren dennoch etwa 180 bis 200 Personen erschienen, die bis zuletzt geblieben sind, was natürlich alleine schon für sich spricht, obwohl die Zeitungen der Region in und um die Kreisstadt und zugleich siebtgrößte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns Güstrow, in der von 1910 Ernst Barlach viele Jahre lebte und künstlerisch erfolgreich wirkte, im Vorfeld die Veranstaltung mit Egon Krenz offenbar in der ihnen verordneten Politik des Totschweigens und der Ausgrenzung kaum bekanntmachten.
Im Gegensatz zu den wahrheitswidrigen Darstellungen der wahrscheinlich vor lauter DDR-Hass und Antikommunismus fast blind gewordenen Journalisten der in riesigen Unternehmensgeflechten synchron geschalteten konservativen Medien oder jenen, die per Order di Mufti von ihren Herausgebern zur ständigen Zeichnung eines Negativbildes über die DDR und ihren ehemaligen führenden Funktionären bei Strafe des Verlustes ihres gutdotierten Redakteursarbeitsplatzes verpflichtet wurden, konnte man stattdessen in Güstrow einen überzeugend und in sich schlüssig argumentierenden ehemaligen Staatsmann erleben.
Einen ehemals führenden Staatsmann, der weder die DDR verklärte noch sie verteufelte, sondern der die ereignisreiche Zeit vor allem bis zum Untergang der DDR nachvollziehbar und bemerkenswert kritisch analysierte, gleichzeitig aber dabei einschränkte, dass er, Egon Krenz, weder die Deutungshoheit besäße noch sie haben wolle, denn es werde, so der ehemalige Partei- und Staatschef Krenz, wahrscheinlich dazu
etwa so viele Ansichten geben, wie es damals Bürger der DDR gab.
Ebenso könne es seiner Meinung nach aber auch nicht sein, dass offenbar nur 4 Personen in der Bundesrepublik Deutschland die Deutungshoheit über die DDR besäßen bzw. hätten, nämlich Pfarrer Rainer Eppelmann, Pastor Joachim Gauck, Marianne Birthler und Hubertus Knabe.
Zu der Behauptung bzw. der überwiegend verwendeten Wortwahl von der so genannten innerdeutschen Grenze führte Egon Krenz unter anderem aus, dass sie damals eine völkerrechtlich anerkannte Grenze nicht nur zwischen den beiden deutschen Staaten, sondern insbesondere auch eine Grenze zwischen den beiden sich feindlich gegenüber gestandenen Militärbündnissen Warschauer Vertrag und NATO gewesen sei.
Angriffe auf diese Systemgrenze mitten durch Deutschland bargen deshalb zugleich stets immer große Gefahren für den Frieden und die Stabilität in Europa und der Welt in sich, deren Ursachen für ihre spätere Entstehung allerdings bereits auf das Jahr der Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 und dem verbrecherischen Überfall seiner faschistischen Wehrmacht auf die Sowjetunion am 1.September 1941 zurückgehe.
Die wesentlichen Entscheidungen zu dem so genannten Regime an der DDR-Staatsgrenze wurden ausschließlich durch die damalige politische Führung in Moskau getroffen. Die DDR sei im Sicherheitsbereich und in der Gestaltung des Grenzregimes insofern nicht souverän gewesen, da die DDR-Staatsgrenze faktisch auch zugleich die Außengrenze der damaligen UdSSR darstellte.
Einen Schiessbefehl, wie von der Gauck-/Birthlerbehörde in steter Regelmäßigkeit behauptet wird, habe es nie gegeben, sondern unter anderem ein Grenzgesetz und eine Schusswaffengebrauchsvorschrift etc., die sich im Übrigen beide inhaltlich kaum von den jetzigen Grenzdokumenten und -ordnungen der Bundesrepublik Deutschland unterschieden hätten.
Selbstverständlich bedauerte der ehemalige Vorsitzende des Staatsrates der DDR und Generalsekretär des ZK der SED Egon Krenz die Toten an der DDR-Staatsgrenze einschließlich der zahlreichen dort während bzw. in Ausübung ihres ehren- und aufopferungsvollen Dienstes ermordeten Grenzsoldaten der DDR wie Peter Göring, Reinhold Huhn, Rudi Arnstadt, Egon Schultz, Ulrich Steinhauer, er wurde 1980 auf dem Ribnitzer Friedhof beerdigt, und leider noch viele andere.
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Auf das von einem Teilnehmer in der Diskussion angesprochene ehemalige Politbüromitglied Günter Schabowski gerieten die Emotionen von Egon Krenz zwar zunächst etwas in Wallung, doch antwortete er dann dennoch sehr sachlich auf die Frage. Die Sache mit der Verkündung der um einen Tag zu frühen Grenzöffnung auf der Pressekonferenz am Abend des 9.November 1989, die Geschichte schrieb, sei von Schabowski eine reine Schusseligkeit gewesen.
Mit Absicht werde Schabowski das nicht getan haben, sondern er, Günter Schabowski, werde sich sicher nicht ausreichend auf diese Pressekonferenz vorbereitet gehabt haben, vermutet Egon Krenz. Die Grenze sollte regulär erst am 10.November 1989 geöffnet werden. Dafür seien den Grenztruppen der DDR bereits von ihm, Egon Krenz, als damaliger Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und oberster Dienstherr, die entsprechenden Befehle und Weisungen erteilt worden.
Durch den überraschend verkündeten zu frühen Zeitpunkt um einen Tag und vor allem durch die von den Grenztruppen der DDR erst für den nächsten Tag erwartete Grenzöffnung sei an der damaligen DDR-Staatsgrenze plötzlich eine äußerst gefährliche Situation entstanden gewesen, die derzeit durchaus zu einer Eskalation mit sehr schwerwiegenden Folgen hätte führen können.
Doch insbesondere durch ein entsprechend der neu entstandenen Lage angepasstes Krisenmanagement und die damit verbundenen unverzüglich erteilten operativen Befehle des Nationalen Verteidigungsrates unter dem Vorsitz von ihm, Egon Krenz, sowie darüber hinaus durch das besonnene Handeln der DDR-Grenztruppen und der anderen Sicherheitskräfte der DDR sei ein Blutvergießen verhindert worden. Dafür wurde ihm sogar in einem Telefongespräch vom damaligen Bundeskanzler der Bundesrepublik Helmut Kohl gedankt.
Zu der plötzlichen politischen Kehrtwende Günter Schabowskis meinte das ehemalige DDR-Staatsoberhaupt, dass man zwar jedem das Recht zum Nachdenken und zum Umdenken zugestehen müsse. Dabei könne man natürlich durchaus auch zu anderen Erkenntnissen kommen, aber wer in das damalige Politbüro aufgestiegen sei, 1989 sogar zudem mit der höchsten Auszeichnung der DDR, dem Karl-Marx-Orden, ausgezeichnet wurde und dazu noch wie Schabowski bei nahezu jeder Gelegenheit seine feste Überzeugung für den Sozialismus und unseren Arbeiter- und Bauern-Staat zum Ausdruck brachte, jetzt jedoch plötzlich eine völlig gegenteilige Überzeugung propagiert, indem er zum Beispiel wörtlich sagte, dass "seine Einstellung die falsche gewesen wäre und wir, die DDR, nicht demokratiefähig gewesen seien", muss entweder damals geheuchelt haben oder heuchelt heute.
Der ehemalige Partei- und Staatschef Egon Krenz räumte auch mit dem immer wieder verbreiteten Märchen auf, dass die BRD angeblich bei der Wiedervereinigung von der DDR nur Schulden übernommen habe. Dies stimme so nicht, denn die DDR musste stets bestrebt sein, im Ausland nicht in Abhängigkeit zu geraten. Alleine deshalb versuchte man stets, eine weitestgehend ausgeglichene Bilanz zu erhalten. Dies sei auch, oft allerdings mit großen Anstrengungen, bis zuletzt gelungen.
In den verzerrten Berichterstattungen über die DDR werden jedoch nur ausschließlich die Verbindlichkeiten aufgeführt, die beträchtlichen Aktiva und die Forderungen der DDR im Ausland, die nach 1990 an die BRD zurückgezahlt wurden, sowie die nicht unerheblichen Devisenreserven der DDR des Bereiches Kommerzielle Koordinierung (KoKo) von Alexander Schalck-Golodkowski seien nie erwähnt bzw. dabei unterschlagen worden, so dass natürlich das vermittelte Bild, die DDR sei ein Schuldenstaat und damit zugleich eine gewaltige finanzielle Belastung für die BRD gewesen, so niemals stimmen kann.
In dem Anfang 2009 im Verlag Das Neue Berlin erschienenen Buch "Gefängnis-Notizen" von Egon Krenz, ISBN 978-3-360-01801-4, 234 Seiten, 14,90 Euro, heisst es zu dem DDR-Vermögen unter anderem (Zitat des Autors Egon Krenz):
"Ich könnte mich mit der Idee anfreunden, dass Herr S. (mit Herr S. ist ein Bundestagsabgeordneter gemeint, der sich abfällig zur DDR und sehr besserwisserisch über Egon Krenz geäußert hatte) sich dafür stark macht, dass mir diejenigen in der Zelle Gesellschaft leisteten, die die Treuhandanstalt geleitet haben oder in der Bundesregierung dafür verantwortlich waren.
Ich wäre gespannt, wie sie mir erklärten, dass aus einem DDR-Vermögen von
1 600 Milliarden DDR-Mark (!) ein angebliches Minus von etwa 400 Milliarden DM
wurde.
Ich würde zu gern erfahren, wie es möglich ist, mitten in Europa und mitten im Frieden innerhalb von wenigen Jahren eine ganze Volkswirtschaft verschwinden zu lassen.
Was da verschleudert und vernichtet wurde, war immerhin die angehäufte Arbeit von drei Nachkriegsgenerationen im Osten Deutschlands.
85 Prozent (!) davon gingen dem Vernehmen nach in westdeutsche Hände (!),
zehn Prozent in ausländischen Besitz und nur
fünf Prozent blieben ostdeutsches Eigentum."
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